Dieser Blogpost enthält meine Antwort auf den Meinungsartikel von Niklas auf GNU/Linux.ch: „Verliert die Free-Software-Community ihre Werte?“
Niklas weist in seinem Artikel auf den Umstand hin, dass zur Bereitstellung von, Verteilung von, Beteiligung an und Diskussion um Freie-Software-Projekte vermehrt Werkzeuge genutzt werden, welche einer proprietären Lizenz unterliegen. Er kritisiert, dass dies die Freiheit Nr. 3 einschränkt:
Freiheit 3: Die Freiheit, das Programm zu verbessern und diese Verbesserungen der Öffentlichkeit freizugeben, damit die gesamte Gemeinschaft davon profitiert.
https://gnulinux.ch/verliert-die-free-software-community-ihre-werte
Aus Niklas‘ Sicht werden durch die Verwendung proprietärer Werkzeuge/Plattformen wie z.B. GitHub und Discord Nutzer davon abgehalten bzw. daran gehindert, sich an der Entwicklung freier Software zu beteiligen. Niklas schließt seinen Artikel mit folgenden Fragen, die ich in diesem Beitrag gern beantworten möchte.
… Habt ihr selbst Projekte? Werdet ihr etwas verändern? Beteiligt ihr euch an Projekten? Werdet ihr eure Bedenken weitergeben? War der Artikel hilfreich?…
https://gnulinux.ch/verliert-die-free-software-community-ihre-werte
Ja, ich habe einige Projekte. Einige habe ich auf GitHub veröffentlicht. Andere werden in der GitLab-Instanz der Universität Bielefeld gepflegt. Damit verwende auch ich ein proprietäres Werkzeug für meine eigenen Projekte.
Darüber hinaus nutze ich GitHub auch, um mich an diversen anderen Projekten zu beteiligen. Und es gefällt mir, weil es mir die (Mit-)Arbeit und Beteiligung so einfach macht. Hier sind viele Projekte, die mich interessieren. Hier suchen viele Nutzer nach interessanten Projekten. Mit dieser Plattform erreiche ich mit meinen Projekten viele potenzielle Nutzer. Ich finde es praktisch, den Issue-Tracker und die Verwaltung der Pull Requests dabei zu haben. Und nicht zuletzt ist das Hosting meiner Projekte hier kostenfrei.
Dass es sich bei GitHub nicht um Freie Software handelt, hat mich bisher nicht gestört. Ich habe allerdings auch noch nicht bewusst darüber nachgedacht.
Da ich IRC nicht mag, es mich eher stört, wenn jedes Projekt sein eigenes Forum betreibt, für das ich mich erst registrieren muss, finde ich es praktisch, dass ich mich mit einem GitHub-Account an so vielen Projekten beteiligen und mich über den Issue-Tracker mit ihnen austauschen kann. Daneben schätze ich noch, wenn die Möglichkeit besteht, mit einem Projekt via E-Mail in Kontakt zu treten, da dies für mich persönlich die geringste Hürde darstellt.
Allerdings kann ich Niklas auch gut folgen. Vermutlich würde ich mich nicht bei Discord registrieren, um mich an einem Projekt beteiligen zu können. Dass ich mit einigen Projekten ausschließlich über Google-Groups kommunizieren kann, finde ich ebenfalls doof, ist hierfür doch ein Google-Konto Voraussetzung.
Ich besitze auch noch einige Zugänge zum Bugzilla von Red Hat (https://bugzilla.redhat.com) und bin dort hin und wieder aktiv. Bugzilla steht unter einer Open-Source-Lizenz. Der Bugtracker wird in diesem Fall von einem profitorientierten Unternehmen betrieben (Red Hat). Macht es das schon besser als GitHub, eine proprietäre Anwendung in den Händen eines profitorientierten Unternehmens (Microsoft)? Ich weiß es nicht.
In beiden Fällen (Red Hat Bugzilla und GitHub) finde ich persönlich meine Freiheit Nr. 3 nicht beschränkt. Im Gegenteil. Empfinde ich es doch als Erleichterung, mich an Projekten beteiligen zu können.
Niklas hat in seinem Artikel Codeberg erwähnt, welches ich bisher noch nicht kannte. Es handelt sich dabei um eine Kollaborationsplattform Git-Hosting für Freie- und Open-Source-Software. Auf den ersten Blick bietet das Projekt Codeverwaltung, Issue-Tracker und Pull-Request-Verwaltung. Alles unter einer freien Lizenz. Betrieben wird die Plattform vom gemeinnützigen Verein Codeberg e.V., dessen Satzung hier eingesehen werden kann. Die Idee und Motivation des Vereins gefällt mir und ich halte diese für unterstützenswert.
Codeberg bietet scheinbar die Funktionalität, welche ich für meine Projekte benötige. Werde ich jetzt etwas verändern? Nun, ich kann mir gut vorstellen, mein nächstes Projekt auf Codeberg zu hosten. Erst wenn ich die Plattform einige Zeit selbst genutzt habe, kann ich mir ein Urteil darüber bilden.
An Niklas gerichtet: Ja, ich finde deinen Artikel hilfreich. Er regt zum Nachdenken an und ich habe dadurch eine Plattform kennengelernt, die ich bisher noch nicht kannte und welche auf den ersten Blick einen guten Eindruck macht.
Nun habe ich noch eine Frage an meine Leser hier. Wenn ein Projekt seinen Code nicht auf GitHub hostet, stellt dies für euch eine Hürde dar, die Software zu verwenden oder euch am Projekt zu beteiligen? Oder senkt dies eure Hemmschwelle sogar?
Wenn es um Software geht, die ich nur nutze, ist es mir egal, ob deren Sourcecode über Github, Codeberg oder bei einer selbst betriebenen Instanz von Fossil zu erreichen ist. So geht es vermutlich einem Großteil der Nutzer. Mozilla nutzt intern beispielsweise Mercurial als VCS.
Bei Projekten, an denen ich mich beteiligen will, ziehe ich Github aber definitiv vor (unter anderem aus den bereits genannten Gründen). Vor allem selbst gehostete Lösungen wie Gitea schrecken mich eher ab, da in den seltensten Fällen die Nutzung von OAuth möglich ist. Und mir jedes Mal ein neues Benutzerkonto anzulegen, nur weil ich beispielsweise nur ein paar Rechtschreibfehler in einer Dokumentation verbessern will, ist mir dann doch zu umständlich.
Gerade wenn man das Betreiben eigener Instanzen ansieht, ist dies unter Umständen auch nicht ganz risikolos. Das gekannte PHP-Projekt ist daher beispielsweise vor einiger Zeit zu Github gewechselt (https://news-web.php.net/php.internals/113981).
Ich bin da ganz bei dir. Mir jedes Mal ein neues Benutzerkonto anlegen zu müssen, schreckt mich ebenfalls hab. Manche Projekte akzeptieren ja noch Patches per E-Mail, sodass ich auch schonmal auf diese Möglichkeit zurückgegriffen habe. Sonst bleibt die Beteiligung halt aus.
Dass ich mich nicht selbst um den Betrieb von aus dem Internet erreichbaren Git-Repositorien kümmern muss, ist in meinen Augen ebenfalls der größte Vorteil von gehosteten Git-Diensten. Sicher können auch dort Fehler passieren. Mir aber auch. Und ich habe wenig Lust meine Zeit in den Betrieb dieser Dienste zu stecken.
Meiner Meinung nach ist die Diskussion rund um „GitHub – Ja oder Nein?“ ein Schattengefecht.
Egal, welchen Dienst ich im Internet nutze, ich kann mir nie sicher sein, welche Software am an deren Ende verwendet wird, wenn ich sie nicht selber hoste. Selbst, wenn jemand vermeintlich eine freie Software einsetzt, weiss ich nicht, ob und in welchem Umfang er Änderungen vorgenommen hat oder ob die Software am anderen Ende nur wie eine freie Software aussieht oder sich entsprechend verhält.
Selbst bei einem Verein wie Codeberg weiss ich das nicht. Ich vermute es und ich vertraue darauf, wissen kann ich es aber nicht.
Auch dir kann ich nur recht geben und deiner Aussage zustimmen. Ein Dienst ist nicht automatisch sicherer, nur weil er auf Open-Source-Software basiert, man aber keine Ahnung hat, was der Betreiber mit den Inhalten anstellt.
Einen Vorteil bei Open-Source-Anwendungen sehe ich darin, dass wenn mir eine Anwendung von ihren Funktionen her gefällt, ich problemlos den Quelltext beziehen und die Anwendung ggf. auch selbst betreiben kann. Wobei dies kein Argument für die „Geiz ist geil“-Mentalität sein soll, wo nur darauf geachtet wird, dass ein Dienst oder eine Anwendung kein Geld kosten darf.
Hallo Jörg, ich kann Dir zustimmen und sogar noch weiter gehen: die rein ideologische Beschränkung auf freie Lizenz der Werkzeuge ist (meiner Meinung nach) ist die Beschränkung der Geister, die solche Thesen aufstellen. Vielmehr ist es wichtig wie die so Plattform ist – Wie gut wird sie akzeptiert, wie viele User nutzen sie, wie langlebig ist diese, wie bequem ist sie. Es nützt nichts, ein noch so gut ideologisch perfekt geladenes Werkzeug zu haben, das keiner eigentlich verwenden möchte.
PS: Welche Projekte hast du in unserem Gitlab?
Tatsächlich verwalte ich in unserem GitLab keine Software-Projekte im eigentlichen Sinn. Ich erstellte nahezu alle meine Briefe, Papiere und Vorträge mit LaTeX oder auf Basis von HTML, welche ich darin unterbringe.